Was heißt denn hier „Herzliches Beileid“?

Diese Formulierung kommt oft von Herzen und drückt entsprechendes Mitgefühl aus und manchmal werden diese Worte inhaltsleer eher als Kondulenzfloskel verwendet. Ich bin der Meinung, mit Leben und Inhalt gefüllt, ist BEILEID genau das, was Menschen in Ihrer Trauer brauchen! Das Prinzip BEILEID kann in der Trauer und in der Selbstsorge helfen und auch das Teamklima zum Positiveren wandeln.

Ein Todesfall im Arbeitsumfeld, der schwere Verlust im Freundes- oder Familienkreis löst oft tiefe Bestürzung aus. Wenn wir die Not anderer sehen und spüren, neigen wir oft dazu, ihnen ihre Last abnehmen zu wollen, wir haben Mitleid und lassen uns manchmal selbst von der Hilflosigkeit, der Ohnmacht und den traurigen Gefühlen anstecken. Wollen wir wirklich hilfreich sein, benötigen wir selbst genug Stärke, das Leid anzuerkennen. Gleichzeitig ist genug Abstand notwendig, um zwischen dem Schicksal des Betroffenen und dem eigenen Erleben unterscheiden zu können. Entscheidend ist die Balance zwischen ausreichend Empathie und Mitgefühl einerseits sowie Distanz und Selbstschutz andererseits, um handlungsfähig und stärkend sein zu können. Der Begriff BEILEID beschreibt sehr treffend Mitleid und Anteilnahme und drückt dabei gleichzeitig den nötigen Abstand und die Anerkennung des Schicksals aus. Es geht darum, mit Respekt und Empathie dabei zu sein, ohne sich selbst mitreißen zu lassen.

Der reißende Fluss der Gefühle
Gefühle in der Trauer können mitreißend sein!

Das bedeutet: Wir bleiben selbst stabil und stehen dem anderen im Leid bei. Wir springen nicht mit in den reißenden Fluss der Gefühle sondern bleiben am sicheren Ufer und können Rettungsseile werfen und anderweitig Hilfe geben. Um die innere Stabilität in uns bei Trauer und Krisen erhalten oder wecken zu können, benötigen wir den Fokus auf unsere innere Führung, unseren Dirigenten, inneren Beobachter oder Kapitän. Anders ausgedrückt, benötigen wir genug Achtsamkeit, unsere eigenen Gefühle wahrzunehmen und von denen der anderen zu unterscheiden. Dann kann es gelingen, auch bei schweren Schicksalen einerseits ausreichend mitfühlend zu sein, andererseits genug Distanz zu haben, um nicht im Leid des anderen zu versinken. Um anderen helfen zu können, und das Prinzip BEILEID leben zu können ist die eigene Stabilität und der Selbstschutz an oberster Priorität, denn keine Feuerwehreinheit geht ohne Atemschutz und Ausrüstung an eine Brandstelle. Wir können nur dann Not wendend hilfreich zur Seite stehen, wenn wir selbst seelisch stabil und gesund sind.

Deshalb möchte ich Betroffene und Helfer ermutigen, Beileid für sich selbst zu entwickeln, gut für sich zu sorgen und sich auch von außen jede denkbare Hilfe und Unterstützung zu suchen. Für Betroffene ist die Hilfe zur Selbsthilfe ein wunderbares Angebot, denn so bleibt die Autonomie gewahrt und das Gefühl der Selbstwirksamkeit wird gestärkt.

Das Prinzip BEILEID leben heißt für mich:

B      eziehung gestalten, Bedürfnisse erfragen

E       mpathische Kommunikation

I        ndividualität: jeder ist anders!

L       ogistik der Organisation und Struktur

E       ntspannung, Entlastung

I        ntegration, Interesse bekunden

D      auer beachten, Dran bleiben

In den nächsten Beiträgen werde ich jeden Buchstaben des BEILEID-Prinzips einzeln erläutern und praktische Anwendungsbeispiele dazu geben.

Dieser Beitrag ist etwas verändert entnommen aus meinem Buch: „Wenn Kollegen trauern“, (Kösel2016)